Geislinger Zeitung

LESUNG/ Kinderbuchautorin Iris Lemanczyk war zu Gast im Helfenstein-Gymnasium   

 

Lehrer im Brief und erste Zigarette

Zwei spannende Stunden über ferne Länder und Süchte bei Kindern.

 

Gebannt haben am Dienstag die Sechstklässler am Geislinger Helfenstein-Gymnasium den gelesenen „Kostproben“ von Journalistin und Kinderbuchautorin Iris Lemanczyk gelauscht. Sie erfuhren, dass chinesische Kinder ihre Stühle in die Schule mitbringen und dass es beim Schreiben am schwierigsten ist, den Titel für ein neues Buch zu finden.

 

Eva Heer

Geislingen. „Stellt Euch vor, ihr packt euren Rucksack, steigt in ein Flugzeug, schnallt Euch an, schlaft ein und landet irgendwann in Peking…“ Auf eine lange Reise in die chinesische Provinz nahm Kinderbuchautorin Iris Lemanczyk die Sechstklässler des Helfenstein-Gymnasiums am Dienstag mit – und die folgten ihr in ihrer Phantasie konzentriert und mucksmäuschenstill.

Gemeinsam besuchten sie den chinesischen Jungen Wen Hu, kletterten den beschwerlichen Weg zu seiner kleinen Hütte in den Bergen hinauf, hörten das Feuer im Ofen knistern. Wen Hu hat nur einen Wunsch: Er möchte in diesem Jahr wieder die Schule besuchen. Doch die Chancen dafür stehen schlecht. Sein Vater kann die 35 Yuan – umgerechnet sieben Mark – für das Schulgeld nicht bezahlen. Interessiert verfolgten die Sechstklässler wie es dem kleinen Chinesen schließlich doch gelingt, das Schulgeld zusammmen zu sammeln und warum dazu Skorpione, ein großes Opfer und die Hilfe seiner Schwester Li nötig sind. „Spannend“, befanden die Kinder am Ende. Vor allem deswegen, weil bis zum Schluss noch Unvorhergesehenes passiert. Und sicher auch, weil sie sich in die Gefühle des etwa gleichaltrigen Jungen hineindenken konnten, die fremde Lebensverhältnisse sie aber gleichzeitig faszinierten.

 

Die Geschichte von Wen Hu ist eine von fünf „Schulgeschichten“ aus fernen Ländern, die 1964 in Kirchheim/Teck geborene Journalistin in ihrem ersten Kinderbuch “Mein Lehrer kommt im Briefumschlag“ auf ihren Reisen und Auslandsaufenthalten gesammelt hat. Iris Lemanczyk erzählt darin von Kindern in Neuseeland, die alle zwei Wochen per Flugzeug ihre Schulaufgaben von ihren Lehrern aus der Hauptstadt Wellington bekommen. Oder von der Freundschaft von zwei Mädchen aus Namibia, die bis vor wenigen Jahren noch unmöglich gewesen wäre: Denn das eine ist weiß, das andere schwarz…

 

Fragen über Fragen prasselten in der Pause auf Iris Lemanczyk ein. Die Kinder erfuhren, dass die Suche nach dem犀利士
Titel das schwierigste am Bücherschreiben ist und dass die Autorin beim Schreiben meist noch nicht weiß, wie ihre Geschichten schließlich enden. Umgekehrt interessierte sich Iris Lemanczyk natürlich auch dafür, was den Kindern gut und was weniger gefallen hat.

 

Das zweite Buch der in Stuttgart lebenden Autorin (Titel: „Ich bin doch nicht blöd“) handelt von Süchten bei Kindern. Iris Lemanczyk wählte für die Sechstklässler die Geschichte von Lukas aus, einem passionierten Wasserballspieler, der mit dem Rauchen beginnt. Sie erzählte vom Husten und vom schlechten Nachgeschmack bei der ersten Zigarette, von den neuen Freunden und dem Gefühl, erwachsen zu sein. Sie erzählte davon, wie Lukas Leistungen im Wasserball immer schlechter werden und er beschließt, mit dem Rauchen wieder aufzuhören… und wie es ihm gelingt, seine neuen Freunde trotzdem zu behalten. Ein Buch über Süchte kommt ohne pädagogischen Zeigefinger nicht aus. Iris Lemanczyk gelingt es dennoch, ihn in eine spannende und nachvollziehbare Geschichte zu verpacken, der die Schüler gebannt zuhörten. „Wenn ich in Schulen lese, merke ich, ob meine Geschichten ankommen“, sagt Iris Lemanczyk. Und gibt geduldig Autogramme. (Iris Lemanczyk: „Mein Lehrer kommt im Briefumschlag“ und „Ich bin doch nicht blöd“ beide bei Ensslin und Laiblin, Reutlingen, 1997, bzw. 1999)

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